Für ein hochwertiges mechanisches Recycling bisher nicht
recycelbarer Abfallströme technischer Kunststoffbauteile aus den
Bereichen Mobilität, Energie, Elektronik- und Elektro-Geräte
(E&E) und Gesundheit/Pharma.
Einleitung
Innovative Vorbehandlungs- und Recycling-Lösungen
Im Rahmen des Forschungsprojekts ReKon sollen für mechanisches
Recycling innovative skalierbare Vorbehandlungs- und
Recycling-Lösungen entwickelt werden. Das Vorhaben fokussiert dabei
insbesondere auf bisher industriell nicht recyclingfähige Abfall-
und Inputströme der Bereiche Automobil, Energie, elektronische
Bauteile sowie Single-use plastics und Materialverbünde aus dem
Gesundheits-/Pharmabereich.
Kunststoffe sind in nahezu allen technischen Bereichen, in der
Medizin sowie bei aufkommenden Megatrends wie E-Mobilität,
Kommunikation und Leichtbau von zentraler Bedeutung. Gleichzeitig
nimmt die Umweltbelastung durch den zunehmenden Einsatz von
Kunststoffen stetig zu. Durch die linearen Wirtschaftsmodelle werden
die Vorteile, die sie durch ihre langlebigen Eigenschaften bieten,
gleichzeitig zu Nachteilen, wenn sie in die Umwelt gelangen. Ihre
petrochemische Rohstoffbasisbringt eine starke geopolitische
Abhängigkeit mit sich und verursacht bei der häufig angewandten
Entsorgung durch Verbrennung CO2-Emissionen. Dieses
Dilemma könnte durch den Auf- und Ausbau eines umfassenden
Kreislaufwirtschaftsmodells in der Kunststoffindustrie überwunden
werden.
Die Recyclingindustrie in Deutschland hat sich innerhalb der letzten
zwei Jahrzehnte kontinuierlich weiterentwickelt, was die steigende
Anzahl von Recyclingfirmen, Arbeitsplätzen und Investitionen belegt.
Dennoch bleibt das Kunststoffrecycling im Vergleich zu Glas-,
Papier- und Metallrecycling hinsichtlich Quoten und Qualitäten noch
weit zurück. Insbesondere für technische Kunststoffbauteile fehlen
derzeit weitgehend kreislauffähige Lösungen, dabei macht ein
Recycling der technischen Kunststoffe, die als Primärmaterial einen
großen ökologischen Fußabdruck aufweisen, aus Nachhaltigkeitssicht
insbesondere Sinn. Hier knüpft das vorliegende Vorhaben von ReKon
an, indem es durch einen innovativen Ansatz die Möglichkeit schafft,
hochwertige Rezyklat-Qualitäten aus bisher nicht recycelten
technischen End of Life Kunststoffbauteilen zu gewinnen. Dabei
erfolgt eine ganzheitliche Optimierung sämtlicher Prozessschritte
entlang der gesamten Wertschöpfungskette – angefangen bei der
Vorbehandlung über die Recyclingprozesse bis hin zu Aspekten wie
Nachhaltigkeit, Kosten, technische Eigenschaften und einer
Verbesserung des recyclinggerechten Designs.
Am Beispiel von ausgewählten Inputströmen soll im Rahmen des
Projekts das Potenzial des mechanischen Recyclings für Closed-loop
und Open-loop-Recyclingansätze für komplexe Kunststoffbauteile
untersucht werden.
Ziel des Projekts
Auf- und Ausbau eines umfassenden
Kunststoffkreislaufsystems
Die typischen Abfallaufbereitungs- bzw. Vorbehandlungsschritte
beinhalten bspw. ein mehrstufiges Sortieren (z.B. nach Farbe, Dichte
und Materialtyp), Waschen, eine Zerkleinerung, usw. Welche
Prozessschritte mit welchen Prozessparametern und in welcher
Reihenfolge eingesetzt werden, wird in der Regel abhängig vom
behandelten Inputstrom, der gewünschten Qualität der Rezyklate sowie
Wirtschaftlichkeit und ökologischer Auswirkung des
Recyclingprozesses entschieden. Das übergeordnete Ziel des Projekts
ReKon für das mechanische Recycling besteht darin, innovative
Vorbehandlungs- und Recycling-Lösungen für hochwertige Rezyklate aus
recyclingtechnisch komplexen Kunststoffbauteilen zu entwickeln, die
eine "Leuchtturm"- oder "Spillover"-Wirkung auch für andere, bisher
nicht recyclingfähige Abfall- und Inputströme haben. Konkret sollen
sowohl Vorbehandlungsstrategien und -prozesse als auch technische
Ansätze für das Recycling an die spezifischen Anforderungen der
betrachteten Abfallströme angepasst werden.
Im Vordergrund steht dabei ein möglichst optimaler Umgang mit
speziell additivierten Materialien (Farb-, Flammschutzmittel,
Verstärkungsfasern und Füllstoffe, usw.), hybriden Materialverbünden
aus verschiedenen Kunststoffen und Kunststoff-Metall- sowie
Kunststoff-Holz-Kombinationen oder faserverstärkten Kunststoffen.
Inputströme im Detail
Die zu untersuchenden Inputströme gehören den folgenden Bereichen an:
Inputstrom 1MobilitätMobilität
In Hinblick auf geringeres Gewicht und hohe mechanische
Performance werden immer mehr hoch entwickelte und faserverstärkte
Kunststoffe in der Transportbranche eingesetzt (siehe dazu auch
Composites Recycling Studie).
Trotz der Vorteile für die Nutzungsphase gelten diese
kunststoffbasierten Komponenten wie Unterbodenkomponenten,
Interieur-Bauteile oder die daraus erzeugte und bisher thermisch
verwertete Shredderleichtfraktionen aus der Automobilverwertung
bislang als schwer recyclebar. Das Projekt strebt an,
Recycling-Lösungen für diese Automobilbauteile zu entwickeln, die
auch auf Nutzfahrzeuge oder den Schienenverkehr übertragbar sind.
Inputstrom 2EnergieEnergie
In Hinblick auf den Umstieg auf erneuerbare Energiequellen werden
in Deutschland und EU immer mehr Windenergieanlage (WEA)
aufgebaut. Die WEA werden immer größer und in Rotorblättern werden
neben Glasfaser verstärkten Kunststoffen (GFK) daher auch immer
mehr Carbonfaser verstärkte Kunststoffe (CFK) eingesetzt, deren
Recycling insb. aufgrund von hohen Preisen der Neuware-CF
attraktiv ist.
Aufgrund von der Lebensdauer von ca. 20 Jahren stehen diese WEA
als eine Materialquelle erst später für das Recycling zur
Verfügung. Die derzeit demontierten und für das Recycling zur
Verfügung stehenden Rotorblätter beinhalten GFK, für welches es
industriel lediglich Brückentechnologien, wie bspw. Zement-Route.
Im Rahmen des Vorhabens ReKon stehen daher insbesondere die
mengenmäßig dominierenden GFK von Rotorblättern von
Windenergieanlagen im Fokus (siehe dazu auch
Composites Recycling Studie). Das Ziel ist es, Recyclinglösungen zu finden, die auch im
breiteren Bereich der Energieindustrie oder anderen
Anwendungsfeldern von Composite-Materialien anwendbar sind.
Inputstrom 3Elektro & ElektronikElektro & Elektronik
Elektro und Elektronik (E&E) gilt neben Rotorblättern und
Mobilität als einer von den drei größten Sektoren für den Einsatz
faserverstärkter Kunststoffe. Zudem handelt es sich oft um komplex
zusammengesetzte Bauteile, bei denen auf engstem Raum
verschiedenste Materialien in nicht recyclinggerechtem Design
verbaut sind. Die Nutzungsdauer von Produkten im Bereich E&E
unterscheidet sich hierbei je nach Einsatz sehr, daher ist auch
die genaue Zusammensetzung nicht immer bekannt.
Inputstrom 4Gesundheit/PharmaGesundheit/Pharma
Single-use plastics und Materialverbünde aus dem
Gesundheits-/Pharmabereich: Ziel ist es hier, nachhaltige
Recycling-Methoden für Kunststoffverpackungen und Materialverbünde
aus dem Gesundheitssektor zu schaffen. Dieser Bereich wird derzeit
noch oft vernachlässigt, dabei gibt es hier auch viele
Kunststoffabfälle, die nicht alle zwangsläufig biologisch
kontaminiert sind.
Innovationen in allen Projektphasen
Vorbehandlungsstrategien mit unterschiedlichen
Prozessparametern
Die Qualität der Rezyklate als Output wird bereits zu Beginn des
technischen Recyclingprozesses signifikant bereits durch die
Qualität des Inputstroms (Zusammensetzung, Reinheit, Kontaminationen
mit Fremdmaterialien, Farbe, Feuchtigkeit, Partikelgrößenverteilung
etc.), d.h. durch die richtige Vorbehandlungsstrategie maßgeblich
beeinflusst. Durch Vorbehandlungsstrategien mit unterschiedlichen
Prozessparametern für die verschiedenen Inputströme sowie durch die
systematische Vorgehensweise bei der statistischen Versuchsplanung
oder dem Design of Experiments (DoE) hinsichtlich Trenneffizienz,
resultierender Teilstromreinheit, Durchsatz, Aufwand, Reihenfolge
oder auch Wiederholung der Prozessschritte, adaptierter
Prozessparameter können die Vorbehandlungsschritte an den Inputstrom
zur recyclingtechnisch optimalen Aufbereitung angepasst und
optimiert werden.
In enger Zusammenarbeit mit dem direkten Partner KraussMaffei
Extrusion (KME) werden die Recyclingprozesse für die verschiedenen
Inputströme innoviert und skaliert. Beginnend mit der Konzeption des
Prozessaufbaus (Materialaufgabe, Entgasung, Schnecken- und
Verfahrensteilkonfiguration, Spülgaskonzept, ...) über die
Optimierung der Prozessparameter bei der Versuchsdurchführung
(Füllgrad, Verweilzeit, Schmelzefiltrierung, Temperatur- und
Druckprofil etc.) bis hin zur umfassenden Charakterisierung der
resultierenden Rezyklatqualitäten in Anlehnung an entsprechende
Standards werden wiederholte Prozessanpassungen (wiederum mit Hilfe
der statistischen Versuchsplanung) durchgeführt. Parallel dazu
erfolgt die innovative Integration verschiedener in-line
Analytiksysteme zur Prozessoptimierung, Überwachung, Steuerung,
Regelung und Maximierung der Rezyklatqualität.
Wesentlicher Bestandteil des Projektes ist die Bewertung der
innovativen Recyclingverfahren hinsichtlich der technischen
Machbarkeit einschließlich der maximal erzielbaren
Rezyklatqualitäten (auch im Hinblick auf bestehende Standards und im
Vergleich zu Neuware), der ökonomischen und ökologischen
Prozessparameter sowie der Skalierbarkeit.
Die nach der Bewertung favorisierten Recyclingansätze werden diese
im weiteren Projektverlauf skaliert und auf die Erfahrungen auf noch
komplexere Inputströme übertragen. Diese Arbeiten werden in enger
Zusammenarbeit mit dem direkten Projektpartner KME durchgeführt, in
gemeinsamen Versuchen vorgetestet und anschließend auf industrielle
Maßstäbe skaliert.
Projektkonsortium
Enge Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie
Das Projekt ReKon wird durch das Niedersächsische Ministerium für
Wissenschaft und Kultur aus Mitteln des Programms
zukunft.niedersachsen gefördert. Die Förderdauer beträgt zwei Jahre.
Die Skalierung der erfolgversprechenden Recyclingprozesse erfolgt in
enger Zusammenarbeit mit dem in Hannover ansässigen Projektpartner
KraussMaffei Extrusion.
In der 12. Klasse der IGS Bothfeld müssen die SchülerInnen
in ihrem Seminarfach eine Facharbeit zu einer selbst
gewählten Forschungsfrage schreiben. Die Themenvorgaben, zu
dem die ca. 40 BesucherInnen des IKK ihre Arbeit anfertigen
müssen, lautet „Nachhaltigkeit“ bzw. „Kunststoffe in Umwelt,
Alltag und Industrie“.
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Im Forschungsprojekt ReKon entwickelt die Leibniz
Universität Hannover innovative Vorbehandlungs- und
Recycling-Lösungen für mechanisches Recycling. Das Projekt
konzentriert sich auf bisher industriell nicht
recyclingfähige Abfallströme. Auf der Hannover Messe 2024
wird zum Projekt unter anderem ein Schnitt eines
demontierten Rotorblatts einer Windenergieanlage
ausgestellt: Halle 2, Stand A10, 22. - 26. April 2024.
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550.000 Euro steckt das Niedersächsische Ministerium für
Wissenschaft und Kultur ein Projekt zur Wiederaufbereitung
von faserverstärkten Kunststoffen (ReKon) am Institut für
Kunststoff- und Kreislauftechnik der Leibniz Universität
Hannover.
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Zusammen mit der Firma Krauss-Maffei Extrusion in Laatzen
soll im Forschungsprojekt „ReKon“ ein neues mechanisches
Verfahren entwickelt werden, das industrielle Abfälle aus
technischen Kunststoffbauteilen, also aus faserverstärkten
Kunststoffen und kunststoffbasierten Materialverbünden,
recyceln kann.
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Das Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik der
Leibniz-Universität Hannover will ein neues Verfahren
entwickeln, um industrielle Abfälle aus faserverstärkten
Kunststoffen und kunststoffbasierten Materialverbunden
wieder nutzbar zu machen.
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Rotorblätter und Kunststoffabfall aus der Industrie lassen
sich aktuell nur schwer entsorgen. Das IKK in Hannover
startet mit Krauss Maffei ein Projekt zur Wiederaufbereitung
dieser Materialien.
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Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Institut für
Kunststoff- und Kreislauftechnik, verantwortlich für die
Koordination der praktischen Aspekte des Projekts.
Forschungsschwerpunkt am Institut für Kunststoff- und
Kreislauftechnik sind spektroskopische Methoden im
Kunststoffrecycling und die Vorbehandlung von Inputströmen.
Das Forschungsprojekt wird von Prof. Dr. Hans-Josef Endres
inhaltlich geleitet, der dank seiner Fachkenntnisse im
Kunststoffrecycling und seiner Position als Leiter des Instituts für
Kunststoff- und Kreislauftechnik an der Leibniz Universität
Hannover, innovative Ansätze einbringt.
Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik
Impressum
Das IKK - Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik betrachtet
in seiner Forschungsarbeit den gesamten Lebenszyklus von
biobasierten und konventionellen Kunststoffen, von der
Materialentwicklung bis zur anwendungsorientierten Umsetzung. In
diesem Themenkomplex liegt der Schwerpunkt auf Recycling und
Ressourceneffizienz.
Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik
Produktionstechnisches Zentrum der Leibniz Universität Hannover /
PZH
An der Universität 2
30823 Garbsen
Telefon:
+49 511 762 13302